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Anonym im Netz surfen – das musst du wissen

Warum möchte denn jemand überhaupt anonym im Netz surfen? Unschuldige haben doch nichts zu verstecken – und wen interessiert schon, dass Amazon weiß, dass ich mich für eine Kaffeemaschine interessiere? Das sind doch alles nur kommerzielle Lappalien! Wir profitieren so mannigfaltig vom Internet, da sind ein paar Kaufgewohnheiten und Adressdaten doch ein kleiner Preis. Wozu also anonym surfen? Solche und ähnlich klingende Einwände sind garantiert, wann immer das Thema anonymes Surfen und Datenschutz aufkommt.

Edward Snowden hat einmal gesagt: „Wer sagt, Datenschutz kümmere ihn nicht, weil er nichts zu verbergen habe, könnte ebenso gut sagen, dass er sich nicht um die Redefreiheit schert, weil er nichts zu sagen hat.“ Es geht in der Tat um das Prinzip. Anonymes Surfen ist insofern nicht nur etwas für Kriminelle und diejenigen, die etwas zu verbergen haben.

Unerkannt surfen – darum ist Privatsphäre wichtig!

Das Internet ist zum digitalen Knotenpunkt für so viele unserer Annehmlichkeiten, Bedürfnisse und Wünsche geworden. Dank des Internets können wir in die Welt blicken und unser Augenmerk auf das richten, über das wir mehr erfahren wollen. Doch langsam überkommt immer mehr Menschen die Gewissheit, dass das Internet direkt auf uns zurückblickt. Deshalb stellen sich viele Menschen die Frage, ob es unter gewissen Umständen nicht besser wäre, weitgehend anonym zu surfen. Damit verbunden sind Fragen wie:

  • Mag ja sein, dass das Speichern von Daten primär Werbezwecken dient, aber wer kann garantieren, dass dies so bleibt?
  • Wie werden die Daten, die wir hinterlassen und Dienstleistern anvertrauen, tatsächlich verwendet? Geht es da wirklich nur um Banalitäten?
  • Wie kann ich wissen, was andere über mich wissen und ob das für mich okay ist?
  • Wie groß (oder klein) sind die Hürden für Regierungen, Zugriff zu diesen Daten zu verlangen?

Warum sind diese Fragen zum Thema anonymes Surfen berechtigt und wichtig? Es geht nicht allein darum, ob man den gegenwärtigen Methoden und Verwertungen vertraut (seien diese gewerblicher oder politischer Natur), sondern auch allen künftigen, die da kommen mögen. Diese Datenerhebungen, die immer raffinierter darin werden, scheinbar banale Datenpunkte zu immer umfassenderen Nutzer- und Geräteprofilen zusammenzufügen, sind gekommen, um zu bleiben. Was sich aber verändern kann, ist das politische Umfeld, das wirtschaftliche Klima und die eigenen Umstände.

Fakt ist: Wir alle scheren uns um unsere Privatsphäre. Es würde keinem Menschen in den Sinn kommen, ein ganzes Bündel an Informationen über sich einfach irgendeinem Fremden anzuvertrauen. Doch technisch tun wir genau das, wann immer wir nicht anonym surfen und die populärsten Apps und Dienstleistungen im Netz benutzen.

Wer glaubt, dass das erst dann verfänglich oder besonders tiefgehend wird, wenn man auf Facebook herumpöbelt oder auf einer Phishing Seite seine Bankdaten eingibt, unterschätzt ganz gewaltig, wie ausgebufft Big Data mittlerweile funktioniert – und warum anonymes Surfen eine berechtigte Antwort auf diesen enthemmten Datensammel-Wahn ist.

Anonym surfen – wie kommen welche Daten zustande?

Weitestgehend anonym zu surfen, war einmal der Status Quo im Internet – und zwar, als es noch eine Nische war und es noch nicht so viele personalisierte Services durch Dienstleister gab, von denen die meisten heute Monopole sind, die anonymes Surfen in ihrer Service-Struktur eigentlich unmöglich machen (und das ist kein Zufall). Google in Puncto Suchmaschinenmarketing, Amazon in Bezug auf Verkauf, Meta/Facebook als Social Media Gigant und Microsoft liefert die größte Nutzerbasis, was die Hardware anbelangt.

Ein Großteil der populärsten Services ist heutzutage vollkommen kostenfrei. Sei es Gmail, YouTube, Facebook, WhatsApp, Instagram, Twitter, Twitch, TikTok usw. – und das, obwohl die Bereitstellung dieser Services offensichtlich alles andere als billig ist, wenn man Personal, Energiekosten und Server-Infrastruktur bedenkt.

Möglich ist diese Kostenfreiheit nur, weil die zugrundeliegenden Services überhaupt nicht das sind, was verkauft wird. Es sind die Daten der Nutzer, die durch diese Services gesammelt und verkauft werden. Alles unter dem Kontext des Marketings. Dass sich das nicht mit dem anonymen Surfen verträgt, sollte einleuchten.

Das ist alles übrigens nichts grundsätzlich Neues. Sogenannte „Datenbroker“ begannen schon vor über 60 Jahren mit dem Aufbau von Datenbanken, die uns und unsere Gewohnheiten für Marketingzwecke oder Bonitätsbewertungen katalogisieren. Im Internetzeitalter haben sie sich begeistert angepasst und verarbeiten nun den schneller fließenden Strom an Informationen, die wir jetzt (aktiv sowie passiv) über uns selbst bereitstellen, da die meisten eben alles andere als anonym surfen. In einer Gesellschaft, die immer online ist und auf diesem Wege immer mehr über sich preisgibt, sind tiefe Einblicke in das Nutzerverhalten und die persönlichen Umstände möglich:

  • Standortbestimmungen durch GPS und Co. sowie Zeitdaten, die damit zusammenhängen
  • übergreifende Browserverläufe, die weit zurückreichen können
  • On-Page-Nutzerverhalten (wonach wird gesucht, wie lange hält man sich auf, was implizieren die Mausbewegungen usw.)
  • Online-Kommunikation, die schriftlich verewigt wird – sei es in Messengern oder in Kommentarfunktionen
  • regelrechtes Browser- und Geräte-Fingerprinting macht es möglich, Nutzer rein technisch zu bestimmen oder zumindest den Personenkreis klar einzugrenzen – ungeachtet dessen, was der besagte Nutzer preisgibt und was nicht (das kommt dann erst noch alles dazu)

Viele unterschätzen die Thematik und sehen keinen Anlass zum anonymen Surfen, weil die einzelnen Datenpunkte oftmals tatsächlich banal sind. Aber es sind die Zusammenhänge, welche diese Datenpunkte kombiniert gestatten, die durchaus aufschlussreich sein können. In der Welt von Big Data gibt es da keine falsche Bescheidenheit. Wie weit das gehen kann, sieht man beispielsweise im Fall von Meta/Facebook. Wusstest du, dass Facebook dir möglicherweise auch dann nachspioniert, wenn du die Plattform noch nie benutzt hast und insoweit durchaus auf anonymes Surfen bedacht bist?

So haben mehrere entsprechende Apps sensible Gesundheitsinformationen, z. B. bezüglich dessen, wie Frauen ihre Periode und ihren Eisprung überprüft haben, an Facebook gesendet – ohne dass ein Zusammenhang zwischen App und Facebook für die Nutzerinnen nachvollziehbar war. Obwohl die AGB von Facebook es ablehnen, Gesundheitsinformationen zu sammeln, schien Facebook doch mehr als gewillt, diese Daten anzunehmen. Dies nur als eindrückliches Beispiel dafür, dass Big Data dir auch dann noch nachstöbern kann, wenn du die entsprechenden Plattformen bewusst vermeidest und vielleicht denkst, schon durch deren Vermeidung anonym zu surfen.

Wie kann anonymes Surfen gelingen?

Im Netz dieser Tage anonym zu surfen, ist leider nicht so leicht, wie manche glauben. Zumal gänzlich anonymes Surfen technisch sowieso unmöglich ist. Es ist nicht damit getan, den Inkognito-Modus im Browser zu aktivieren. Jedoch gibt es im Wesentlichen zwei Möglichkeiten, um weitgehend anonym surfen zu können. Diese haben wir von Terd für dich zusammengestellt:

  • VPN-Services verschleiern deine IP, indem sie all deinen Traffic durchschleusen, müssen aber selbst dafür vertrauenswürdig sein. Sie fungieren im Grunde als Proxy-Server.
  • Der TOR-Browser ist zwar in der Tat sehr gut darin, deine Identität zu verschleiern und – anders als VPN – dezentralisiert, wodurch dein Wunsch, anonym surfen zu können, nicht von einem einzigen Dienstleister abhängt. Dafür musst du aber funktionale Abstriche hinnehmen, aufgrund der limitierten Bandbreite des TOR-Netzwerks, das im Grunde genommen nur von Freiwilligen aufrecht gehalten wird. Online-Gaming und Live-Streaming kann man da leider vergessen.

Der größte Beitrag, um relativ anonym surfen zu können, besteht jedoch darin, dass du auf viele kleine Annehmlichkeiten verzichtest. Vermeide es weitgehend, dich bei Services zu registrieren, die deinen Klarnamen sowie Adressdaten wollen. Benutze immer ein Alias, sofern sinnvoll und machbar. Vermeide außerdem die immer größer werdende Service-Peripherie von Google, Meta, Amazon und Co., wenn du deine Datenströme diesbezüglich limitieren willst. Denn sämtliche deiner Nutzer-Tasks über ein zentrales Konto zu binden, mag zwar funktional angenehm sein, es macht dich aber auch transparenter. TOR und Co. werden wenig zu deinem Wunsch, anonym surfen zu können, beitragen, wenn du dich danach prompt in einem klar dir zuzuordnenden Konto anmeldest.

Übrigens: Um anonym im Internet einzukaufen, entscheiden sich viele für das Paysafecard Kaufen. Mit einer Paysafecard kannst du Guthaben online kaufen, um Einkäufe zu tätigen, ohne deine privaten Bankdaten preiszugeben.

Natürlich wäre auf den TOR-Browser umzusatteln für die meisten wohl zu radikal und auch nicht praktisch. Doch wenigstens relativ anonym surfen zu können, geht auch mit alltagstauglichen Lösungen. Hier bieten sich Privacy-Browser bzw. Suchmaschinen und Messenger, wie DuckDuckGo (Browser) oder Signal (Messenger), an. Nutze immer sensible Privatsphäre-Einstellungen und überlege dir vor allem, was du online mitteilst und was nicht, sowie auch wo und an wen. Anonym zu surfen, heißt diesbezüglich vor allem, mit Köpfchen zu surfen.

Wenn dir bestimmte Daten wirklich wichtig und diese privater Natur sind, dann solltest du einen Teufel tun, sie in einer Cloud zu speichern, denn diese ist immer nur der Computer von irgendjemand anderem. Der USB-Stick im Schuhkarton ist da der wesentlich sicherere Aufbewahrungsort.

Es lohnt sich, anonym zu surfen und eine Grenze zu ziehen. Allein schon, um die Arbeit und Technik dahinter zu unterstützen. Denn Präzedenzfälle, in denen politische Akteure diese umfassenden Datenströme im eigenen Sinne archivieren und abschöpfen können, sind schon da. Bei uns ist das anonyme Surfen eine trockene Konsumentscheidung. Doch es gibt auch Länder auf dieser Welt, in denen die Chance, anonym zu surfen und zu kommunizieren, nicht vorhanden ist. Ein Umstand, der uns alle dazu ermahnen sollte, Big Data eben nicht vorbehaltlos zu vertrauen. Jeder hat ein Recht, anonym zu surfen, sofern er dafür auch auf gewisse Services, die Daten verwerten, verzichtet.

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